So stelle ich meine Laufbüchsen her.


Grundsätzlich fertige ich bei der Herstellung von Laufbüchsen immer zuerst die Innenbohrung und dann den Außendurchmesser an.
Der Grund dafür ist:
Wenn sie zuerst den Außendurchmesser auf das Fertigmaß drehen, die Büchse dann auf dem fertigen Außendurchmesser spannen und dann innen bearbeiten, wird sich die Laufbüchse dann durch die immer dünner werdenden Zylinderwände und den Druck des Spannfutters verformen. So wird die Bohrung niemals rund!
Zunächst also die Innenbohrung grob vorbohren und dann bis auf ca. 1/10 mm Übermaß fein ausdrehen.

Laufbüchsen Herstellung


Die Oberflächenqualität der Bohrung spielt jetzt noch keine Rolle. Nur parallell sollte sie sein !
Um das Endmaß zu erreichen benutze ich keine Honahle, denn damit wird die Bohrung nicht parallel,  
sondern durch die Federwirkung der Honahle wird sich die Büchse an beiden Öffnungen beim Honen etwas aufweiten.
Das ist nicht gewollt.
Stattdessen wird die Laufbüchse mit einem, im Durchmesser verstellbaren Aluminiumzylinder und Korundschleifpaste geläppt.
Das Material des Läppzylinders muss immer weicher sein als das der Laufbüchse. Ich nehme meistens Alu oder Messing.
Der Alu-Zylinder sollte etwa die Länge der Laufbüchse haben und ca. 0,5 mm dünner sein, als das Innenfertigmaß der Laufbüchse. Soll zb. die Laufbüchse ein Fertigmaß von 32 mm innen haben dann fertigen sie den Läppzylinder mit Durchmesser 31,5 mm an.
Hier kommt es nicht so genau drauf an, der Durchmesser wird ja verstellbar sein. Dieser Läppzylinder wird zu ca.75 % der Länge
nach in der Mitte durchgesägt. Etwa In der Mitte wird quer zum Sägeschlitz eine  Maden - Abdrückschraube eingebracht.  Siehe Bild:

Damit können die beiden Hälften durch die schraube auseinandergedrückt werden. Auf der nicht durchgesägten Seite wird stirnseitig noch ein Innengewinde zb. M 10 oder 12 eingebracht und eine Stange als Haltegriff eingeschraubt.
Jetzt lässt man den an der Stange eingespannten Läppzylinder mit niedriger Drehzahl im Spannfutter laufen, bringt etwas Schleifpaste mit Öl auf den Läppzylinder auf und schiebt die Laufbüchse auf dem Zylinder langsam hin und her. Ziehen Sie dazu alte Lederhandschuhe an. Den Durchmesser des Läppzylinders stellen sie mit der Abdrückschraube so stramm ein, daß die Laufbüchse gerade noch mit der Hand festgehalten werden kann. Die Laufbüchse soll sich natürlich nicht mitdrehen, also gut festhalten und dabei darauf achten dass beim hin und her schieben die Büchse nicht verkantet und die gesamte Länge des Zylinders voll ausgenutzt wird.
Fangen sie mit grober Korundpaste an zu Läppen und verstellen sie den Durchmesser des Läppzylinders, wenn die Laufbüchse leichtgängig zu schieben ist, nur gering. Nutzen sie Motoröl zum schmieren.
Die Korundkörnchen in der Schleifpaste rollen zwischen Läppzylinder und Laufbüchsenwand ab, nehmen dabei kleinste Partikel von den Oberflächen ab und zerbrechen dabei und werden immer feiner, die Abtragsleistung lässt dadurch also nach.
Die Paste muss deshalb immer wieder erneuert werden. Zwischendurch die Laufbüchse und den Zylinder mit einem Lappen reinigen und
immer wieder nachmessen! So tastet man sich langsam an das Fertigmaß heran. Die Oberfläche der Laufbüchse wird dabei immer glatter und glänzender.

Das wichtigste dabei ist aber, daß die Bohrung perfekt rund und parallel wird. Wer will kann die Laufbüchse
innen mit ganz feiner Paste auf Mattglanz bringen. Das muss aber nicht unbedingt sein, denn die Laufbüchse
poliert sich später beim Einlaufenlassen des Motors von alleine. Hinterlassen sie keine sichtbaren Schleifspuren wie beim Honen,
damit später "das Motoröl besser haftet". Das ist bei Kolben, Laufbüchsen und Ringen aus Grauguss nicht notwendig, denn diese Materialien haben genug selbstschmierende Eigenschaften. Außerdem betreiben wir diese Motoren meistens mit einem Benzin/Öl gemisch wie für 2-takter. Da ist immer genug Schmierung vorhanden.
Ein Kolben hat selten zu wenig Öl, das Problem liegt vielmehr darin, zu vermeiden, dass das Öl aus dem Kurbelgehäuse am Kolben und den Ringen vorbei in den Brennraum gelangt und mit verbrannt wird, oder bei Gemischbetriebenen Motoren mit offenem Kurbelgehäuse wie Stationärmotoren den umgekehrten Weg nimmt.
Ein Ölspuckender, qualmender und sabbernder Motor sieht nicht nur schlecht aus, er läuft auch nicht gut weil er nicht dicht ist und zeigt eine mangelhafte Fertigungsqualität.

Nachdem die Innenbohrung fertiggestellt ist, wird ein im Durchmesser genau passender Dorn aus Messing oder Alu-rundmaterial gedreht
auf den die Laufbüchse aufgesteckt wird. Den Rezess am Dorn 2mm kürzer drehen als die Laufbüchse lang ist.
Beispiel: Die Laufbüchse soll ein Aussenfertigmaß von 34 mm haben und ist 60mm lang. Die Innenbohrung beträgt 32 mm.
Das Rundmaterial aus dem der Dorn gefertigt wird muss etwas dicker sein als das Innenfertigmaß, also im Beispiel etwa 33 oder 34 mm.
Der Dorn wird jetzt auf einer Länge von 58 mm auf das Innenmaß der Büchse fein abgedreht.
Sie muss sich saugend aufstecken lassen und darf kein Spiel haben.
Jetzt wird vorne am Dorn ein M4 Gewinde ca. 10 mm tief gebohrt.  
Die Laufbüchse wird jetzt auf den Dorn gesteckt und mit einer auf 32.5 mm Durchmesser gedrehten Scheibe und einer Schraube auf dem Dorn festgeklemmt.
Während der ganzen Prozedur darf der Dorn nicht ausgespannt werden. Sonst läuft er nicht mehr rund.
Wird dieser Dorn später für weitere Laufbüchsen verwendet, muss er nach dem erneuten einspannen mit der Messuhr auf exakten Rundlauf eingestellt werden.
Jetzt kann der Aussendurchmesser der Laufbüchse auf exaktes Fertigmaß gedreht werden, ohne daß die Lauffläche innen beschädigt wird oder die Laufbüchse sich verformt.
Zudem wird der Außendurchmesser exakt parallell zur Innenbohrung. Diese Vorgehensweise mag aufwendig sein, garantiert aber eine gleichbleibend hohe Qualität bei der Herstellung von Laufbüchsen.